„Ein Jahr zum Studium ins Ausland? Ich kann es nur jedem empfehlen! Heute ist es schon fast ein Muss, zeigt die eigene Initiative und Mobilität. Ich habe „mein“ Auslandsjahr in Spanien verbracht, und es war eines der besten Jahre, die ich jemals hatte.
Meine Beweggründe, ins Ausland zu gehen? Ich studierte damals Medizin, habe mich aber schon immer auch für Sprachen begeistert und wollte gerne Spanisch lernen, außerdem nach drei Jahren Studium in einer deutschen Stadt mal etwas anderes sehen, etwas Neues erleben, neue Herausforderungen finden...es gab sehr viele Gründe! Nicht zuletzt hat es mich auch sehr interessiert, mal in ein anderes Studiensystem einzutauchen und den Krankenhausaufbau in einem fremden Land kennen zu lernen. Ich war gespannt, wie ich mich wohl dort zurechtfinden würde.
Anfängliche Sprachbarrieren
Der Beginn meines Auslandjahres in Spanien war dann ein richtiger Sprung ins kalte Wasser und hat im Nachhinein einiges an Mut, oder wie in meinem Fall, auch an Naivität erfordert. Ich sprach so gut wie kein Spanisch, da ich mich sehr kurzfristig im April für ein ERASMUS-Stipendium beworben hatte und in dem nachfolgenden Sommer auch noch mein erstes Staatsexamen abgelegt habe. Im September ging es dann schon los zu einem Studienjahr. Ich dachte zunächst, dass ich mich mit Englisch sicherlich durchschlagen könnte, bis ich einigermaßen Spanisch gelernt hätte...Pustekuchen! Nicht in Nord-Westspanien, fernab des ausländischen Tourismus! Nicht einmal eine Hotelreservierung für die erste Nacht per Telefon hat geklappt. Das war schon sehr ernüchternd und hat mich die letzte Nacht in Deutschland nicht gerade ruhig verbringen lassen.
Natürlich wäre es besser gewesen, wenn ich die Sprache vorher halbwegs gelernt hätte oder zumindest noch Zeit für einen der vierwöchigen Sprachkurse gehabt hätte, die überall im Lande (Salamanca, Granada, Malaga, Madrid, Barcelona, um nur einige Städte zu nennen) angeboten werden. Mittlerweile rate ich aber jedem, auch mit wenig Sprachkenntnissen ins Ausland zu gehen...besser als gar nicht! Und nach einem Jahr sprach ich dann die Sprache auch wirklich fast perfekt.
Außerdem habe ich auf dem Weg sehr viel Gelegenheit gehabt, die außerordentliche Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit der Spanier kennen zu lernen: An meinem ersten Tag zum Beispiel hat mich eine Passantin, die ich nach dem Weg zum Hotel fragen wollte und die kein Englisch sprach (und ich kein Spanisch), einfach dorthin gebracht!
Eine Sprachlehrerin und eine Wohnung habe ich dann ebenfalls sehr schnell über das ERASMUS-Büro gefunden. Am zweiten Tag war dann schon alles soweit, dass ich mich auf die Sprache stürzen konnte. Der Einzelunterricht war mit neun Euro die Stunde deutlich erschwinglicher als in Deutschland, und meine Motivation war sehr hoch! Dadurch, dass ich mich den ganzen Tag auf Spanisch durchschlagen musste, habe ich jedes neue Wort und jede neue grammatische Wendung begierig aufgenommen.
Freunde finden? Kein Problem!
Nach zwei Wochen, als die Universität anfing, konnte ich mich zumindest rudimentär ausdrücken und Kontakte mit meinen spanischen Mitstudenten knüpfen. Diese waren großartig!
Ich hatte schnell eine Gruppe von Freunden, die sehr aufgeschlossen gegenüber mir radebrechender ausländischer Studentin war, sich bemüht hat, mit mir seeehr laaangsaaam und deeeutlich zu sprechen, und sich immer wieder darauf eingelassen hat, zu erraten, was ich denn wohl meinte. Meine Fehler und Verwechslungen waren ein Quell immerwährender Heiterkeit!
Natürlich gab es auch unangenehme Situationen, wenn ich zum Beispiel in den Vorlesungen anfangs so gut wie gar nichts verstanden habe, oder mich nicht immer so ausdrücken konnte, wie ich wollte. Oder aber in Diskussionen, wenn ich noch an Formulierungen feilte und nach Worten kramte, die anderen aber längst schon beim übernächsten Thema waren. Man wird eben immer an seinen sprachlichen Fähigkeiten gemessen, zeitweise für schüchtern, im schlimmeren Fall auch für geistig minderbemittelt gehalten. Aber auch mit solchen Situationen lernt man umzugehen.
Das Studium in Spanien
Und das Studium? Der theoretische Teil des spanischen Medizinstudiums hat mich nicht sonderlich begeistert, Studiengänge an spanischen Universitäten sind in der Regel noch verschulter und noch weniger praxisorientiert als in Deutschland. Im Prinzip wird alles mitgeschrieben, was der Dozent sagt, dann auswendig gelernt und in der Klausur Wort für Wort unreflektiert wiedergegeben.
In den Praktika hingegen habe ich einiges gesehen und gelernt, was ich vielleicht in Deutschland nicht gelernt hätte, zudem hatte ich wieder jede Menge Gelegenheit, „nebenbei“ mein Spanisch zu verbessern. Zudem hat der praktische Kontakt mit spanischen Krankenhäusern mich zum Nachdenken über das deutsche Krankenhaussystem angeregt. Was ist gut? Was ist anders, und warum? Was kann man verbessern? Man nimmt Dinge nicht mehr als gegeben hin, sondern hinterfragt sie.
Nicht zuletzt aber habe ich in meinem Auslandsjahr die Freizeit genossen. Spanien hat auf allen Ebenen – Kunst und Kultur genauso wie Sport und Natur – sehr viel zu bieten. Und man kann dort vor allem auch eines: feiern, feiern, feiern! Spanische Fiestas muss man erlebt haben! Wie bereits gesagt kann ich so eine Erfahrung nur jedem empfehlen. Im europäischen Studiensystem wird der Austausch zwischen den verschiedenen Ländern und Universitäten so gut gefördert, dass es schade wäre, diese Chance nicht zu nutzen!“
Dieser Artikel ist ein Auszug aus Studieren in Spanien. Klicken Sie hier, um ein Exemplar zu bestellen.